Ohrenentzündungen werden in letzter Zeit vermehrt beobachtet. Die Gründe sind nicht völlig klar – aber meist wird das Problem von einzelnen Kälbern in die Gruppe hineingetragen. Diese Kälber sind häufig mit einem bestimmten Bakterium infiziert, nämlich Mycoplasma bovis. Der Erreger verbreitet sich dann in der Gruppe und in den folgenden Tagen erkranken mehr und mehr Tiere. [IMG 2]
Dabei ist primär das Mittelohr betroffen, nachdem Erreger aus dem Atmungstrakt über eine anatomische Verbindung, die Eustachische Röhre, aufgestiegen sind. Die Erkrankung ist extrem schmerzhaft, weil Eiter vom Mittelohr gegen das Trommelfell drückt. Erst wenn dieses im weiteren Krankheitsverlauf reisst, gelangt der Eiter in den äusseren Gehörgang und der Schmerz lässt etwas nach – drückt man die Ohrknorpel vorsichtig zusammen, hört man bei diesen Tieren ein schmatzendes Geräusch.
Früh erkennen ist wichtig
Eine erfolgreiche Behandlung setzt voraus, dass man die betroffenen Kälber möglichst früh erkennt und unmittelbar die Therapie einleitet. Erste Hinweise sind vermehrtes Kopfschütteln, das wiederholte Reiben des Kopfes an der Stallwand, Kratzen mit dem Hinterbein am Ohr und häufig ein deutlich vermehrter Tränenfluss mit einer Sekretspur unterhalb des Augenwinkels. Die Tiere wirken müde, schläfrig und machen so einen abgeschlagenen Eindruck.
Als typisches Symptom von Unbehagen und Schmerzen hört man gelegentliches Zähneknirschen. Die Tränkeaufnahme ist vermindert und die Rektaltemperatur erhöht (> 39,5 °C). Eine gute Tierbeobachtung durch den Landwirt ist von zentraler Bedeutung, denn anfangs sind die Anzeichen häufig undeutlich und nur sporadisch zu sehen. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung fällt auf, dass ein Ohr zunächst zeitweise, später ununterbrochen hinunterhängt und das normale Ohrenspiel fehlt – beginnt die Behandlung erst zu diesem Zeitpunkt, ist eine vollständige Heilung nicht mehr zu erwarten.
Es braucht das richtige Antibiotikum
Die Behandlung durch den Bestandestierarzt basiert auf der Bekämpfung der Erreger mit Antibiotika und der Verabreichung von entzündungshemmenden Medikamenten. Aufgrund spezifischer Eigenschaften des Erregers ist dieser aber gegen viele antibiotische Wirkstoffe unempfindlich («resistent») – einfach irgendein Antibiotikum ohne Konsultation des Bestandestierarztes zu nehmen, ist deshalb absolut keine Lösung.
Eine Behandlungsdauer über zehn Tage und die sorgfältige Kontrolle des Behandlungserfolgs sind von grosser Bedeutung. Bessert sich das klinische Bild, geht das Fieber zurück und steigt die Tränkeaufnahme, so ist das Schlimmste überwunden.