Fünf Sommer hatten wir auf Sennalpen verbracht. Mein Mann Reto als Senn und ich als Küherin. Dann sattelten wir 2017 auf Rinder und Mutterkühe um, das war viel weniger streng und zeitlich flexibler. Die letzten vier Jahre begleiteten uns unsere Kinder Ronya und Cyrill auf die Alp. Wir hatten eine traumhaft schöne Zeit als Familie. Trotzdem war unsere Entscheidung gefallen: Zwölf Alpsommer sind genug, 2024 machen wir was anderes in den Sommermonaten.

Die Kinder hatten eine klare Meinung

Doch wir hatten die Rechnung ohne unsere Kinder gemacht. Ronya fing immer wieder damit an: «Dädi, ich wot nögst Summer uf d’Alp go chäse!», während Cyrill mit seinem Hirtenstock imaginäre Kühe in unserer Wohnung herumtrieb. Und auch wir ertappten uns selbst dabei, wie wir auf zalp.ch die Alpinserate durchstöberten.

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Graubünden lockt

Ich war allein zu Hause, als ich es wieder einmal nicht lassen konnte. Ein Inserat aus Graubünden – erst wenige Stunden alt – stach mir ins Auge: 110 Milchkühe, Käsen, vier Personen. Kurzerhand rief ich an und fragte, ob wir als Unterländer eine Chance hätten, auf einer Bündner Alp angestellt zu werden. Die Antwort: «Wenn ihr es drauf habt, spricht nichts dagegen.» Diese Herausforderung nahmen wir gerne an. [IMG 4]

Am nächsten Tag besichtigten wir mit dem Alpmeister die Alp und lernten Stefi kennen. Sie war letztes Jahr hier oben und möchte kommenden Sommer als Hirtin mit dabei sein. Die Alpgebäude stammen aus den 70ern, sind nicht modern, aber zweckmässig eingerichtet. Für uns passte es vom ersten Augenblick an. Auf dem Nachhauseweg sagte unsere Tochter bestimmt: «Mami, wenn ich gross bin, geh ich mit Cyrill auf die Alp Valpun käsen!» Mein Mann und ich mussten grinsen. Ja, ich glaubte, dass diese Alp die richtige Wahl sei.

Neue Serie

Mit diesem Artikel startet die neue, wöchentliche Serie «Alptagebuch» von Corina Blöchlinger. Die Agronomin arbeitete zwölf Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HAFL und bildete sich zudem als Coach aus. Seit April 2022 ist die passionierte Älplerin als Vertreterin der Ostschweizer Bäuerinnen und Landfrauen im Vorstand des SBLV und amtet als Präsidentin des Fachbereichs Agrarpolitik. Nicht zuletzt schreibt sie als freie Mitarbeiterin Artikel für die BauernZeitung.

Da wir mit unseren Kindern z Alp gehen und ich auch noch etwas arbeiten sollte, war klar, dass wir den Sommer zu fünft bestreiten würden. Andreas, ein guter Freund von uns, und seine Partnerin Karin schliessen sich uns an.

Wir trafen uns, sprachen über unsere Vorstellungen, diskutierten die Arbeitseinteilung und verteilten die Lohnsummen. Anfang Januar waren unser Team komplett und die Verträge unterschrieben. Wie war das nochmals mit «Wir gehen nicht mehr z Alp»?

Endlich ohne Schnee

Immer wieder wanderten wir während des Winters auf «unsere» Alp und mit jedem Mal wurde die Vorfreude grösser. Am Pfingstmontag fuhren wir mit einigen Freunden hoch. Endlich sahen wir zumindest einen Teil der Umgebung ohne Schnee. Alpenrosenbüsche zeigten sich und die ersten Krokusse drückten aus dem Boden. 

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Ein riesiger Brunnen stand auf dem Vorplatz und natürlich wuchsen auch schon die ersten Blacken. Unsere Kinder schnappten sich Schaufel und Schorer. Sie verteilten den Schnee auf dem Platz, damit er schneller schmilzt. Denn wir wollen jetzt endlich z Alp!

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Die Alptagebücher inklusive Videos