Es sind tiefgreifende Veränderungen, die von einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz im Auftrag des Schweizer Bauernverbands (SBV) berechnet worden sind. Eine Annahme der Massentierhaltungs-Initiative (MTI) würde demnach für den Selbstversorgungsgrad jeweils bedeuten:
- 5 statt 58 Prozent beim Poulet.
- 20 statt 56 Prozent bei den Eiern.
- 50 statt 92 Prozent beim Schweinefleisch.
Dies aufgrund von erwarteten Betriebsaufgaben. Hinzukämen, so die Autoren, signifikante Preisanstiege für Poulet- und Schweinefleisch und verlorene Arbeitsplätze in der Landwirtschaft wie auch der Verarbeitungsbranche.
Wie sieht die Nachfrage aus?
Grosse Unbekannte ist bei diesem Szenario der zukünftige Fleischkonsum in der Schweiz. Je kleiner dieser ausfiele, desto weniger würde der Selbstversorgungsgrad sinken und desto weniger würde der Einkaufstourismus befeuert. Wobei bei Letzterem und bei Importe noch ungeklärt ist, wie die Vorgaben der MTI umgesetzt werden könnten. Allerdings bezweifeln die Autoren – und laut einer Mitteilung auch der SBV – dass der Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl «von oben nach unten» via die Initiative überhaupt gelingen kann. Ihrer Meinung nach müsste man direkt beim Konsum ansetzen und so die Produktion «von unten nach oben» verbessern. Frei nach dem Motto «die Nachfrage bestimmt das Angebot».
Den Widerspruch auflösen
Den Schlüssel zu mehr Tierwohl sehen die Fachhochschule Nordwestschweiz und der SBV darin, einen gesellschaftlichen Widerspruch aufzulösen: Zwar fordert die Bevölkerung mehr Tierwohl, kauft aber faktisch preisorientiert und bevorzugt somit z. B. eben nicht Labelprodukte mit einem Mehrwert für die Nutztiere.
Geringerer Konsum als Voraussetzung statt Folge
Konkret hiesse das auch eine Reduktion des Fleischkonsums. Denn, wie es in der Studie heisst, entspricht der Trend zur Intensivierung und Konzentration der tierischen Produktion im In- und Ausland dem ungebrochenen, zunehmend preisorientierten Konsumniveau. Für die Schweiz erfordere ein «umwelt-, gesundheits- und klimabewusstes Konsumverhalten bei Fleisch und tierischen Produkten» angesichts des heutigen Status quo (141 g Fleisch pro Tag und Kopf) eine «tiefgreifende Veränderung der überkommenen Ernährungskultur». Dieser Kulturwandel müsste Voraussetzung – und nicht Folge – der von der MTI geforderten Verbesserungen sein. Der Konsum liesse sich allenfalls via Subventionen für vegetarische Produkte von oben nach unten steuern, ist der Studie zu entnehmen.
«Bauernfamilien sind absolut bereit»
Seitens SBV bzw. beim Nein-Komitee ist man mit den Feststellungen der Forschenden zum zunehmend preisorientierten Konsumverhalten einverstanden. «Die Schweizer Bauernfamilien stehen nicht auf der Bremse», hält der Verband fest. Man sei absolut bereit, noch mehr ins Tierwohl zu investieren – wenn die so produzierten Lebensmittel zu einem kostendeckenden Preis verkauft werden können.
Die Studie «Auswirkungen der Massentierhaltungsinitiative auf die Wertschöpfungskette und den Einkaufstourismus» finden Sie hier.