Die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) sei unnötig, gehe nicht in die Tiefe, sei schlecht vorbereitet, schade nur der Schweizerischen Landwirtschaft und mache von Importen aus dem Ausland abhängig. Dies das Fazit des Bündner Bauernverbandes (BBV) an der Medienveranstaltung, die am 24. August 2022 auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Petra und Beat Joos in Untervaz stattfand.
Staatlich verordneter Menüplan
Thomas Roffler, Präsident des BBV, erklärte, dass der Initiativtext oberflächlich sei. Produkte mit dem Bio-Suisse-Label seien schon auf dem Markt erhältlich und würden sich von den anderen Produkten abheben. Ob alle Konsumenten bereit wären und es sich auch leisten könnten, diesen Mehrpreis zu zahlen, sei fraglich, so Thomas Roffler.
In der Initiative werde nicht die ganze Tierhaltung angeschaut, sondern nur ein Teil. «Bei der MTI geht es um vorgeschriebene Masse, nicht aber um die Betreuung der Tiere – und das ist nicht messbar.» Dank der guten Tierhaltung sei der Medikamentenverbrauch in den letzten Jahren merklich gesunken, was darauf hinweise, dass die Tierhaltung auf gutem Weg und die Tiere gesünder seien. Das Programm RAUS garantiere, dass die Tiere auch aus den Stallungen rauskommen.
«Der vermehrte Arbeitsaufwand wird heute abgegolten. Wenn dies jedoch zum Standard wird, bekommt der Tierhalter für diese Mehrarbeit keine zusätzliche Entschädigung.»
Thomas Roffler, Präsident BBV
Das bedeute, dass von den Landwirten wieder mehr verlangt werde und der Verdienst zurück gehe. Er habe beim Lesen des Initiativtextes das Gefühl bekommen habe, dass dem Volk ein staatlicher Menüplan vorgelegt werde.
Arbeitsplätze in nachgelagerten Sektoren betroffen
Die Anzahl Tiere in der Schweizer Landwirtschaft müsste reduziert werden. Dies bedeute weniger Eier, weniger Geflügel- und weniger Schweinefleisch, der Selbstversorgungsgrad würde sinken. Es müssten mehr Nahrungsmittel importiert werden. «Ob es wirklich möglich ist, dass diese Nahrungsmittel nach Schweizer Standard produziert werden, ist sehr fraglich», sagte Thomas Roffler.
Es müssten Ausnahmen für den Import gemacht werden, die eigene Landwirtschaft müsste nach strengem Gesetz produzieren, für das Importierte und billiger Produzierte würden die Vorschriften gelockert. Ein weiterer Punkt ist laut Roffler, dass in der Nahrungsmittelindustrie sehr viele Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren gingen.
Keine Planungssicherheit für die Bauern
Astrid Derungs, Präsidentin des Bündner Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes (BBLV), fragte sich, ob es unseren Tieren heute wirklich so schlecht gehe. Die Gesetze seien schon heute sehr streng und man sei sich bewusst, wie viel Wert das Tierwohl sei. Doch ob die Konsumenten beliebig viel mehr zahlen würden, sei sehr fraglich. Eigentlich habe jeder Konsument schon heute die Eigenverantwortung, wie viel er für beste Tierhaltung ausgeben wolle und auch könne.
Auch die jungen Landwirte setzen sich intensiv mit der MTI auseinander, so Ursin Gustin, Vertreter der Junglandwirte. Angestrebt würden Familienbetriebe, unternehmerische Freiheit und stabile Rahmenbedingungen, damit für die Zukunft geplant werden könne. Einen Landwirtschaftsbetrieb könne man nicht ständig ändern, anders bewirtschaften.
«Mit den heutigen Labels hat jeder Landwirt die Möglichkeit, einen Mehrwert mit seinen Produkten zu erzeugen. Wenn ein Label Standard ist, gibt es keine Möglichkeit, sich von den anderen abzuheben.»
Ursin Gustin, Präsident Junglandwirte Graubünden und Glarus
Ferner sei die Übergangsfrist von 25 Jahren eine Illusion. Bereits ab dem nächsten Tag würden neue Vorschriften gelten und die müssten eingehalten werden. «Doch wer könnte schon seinen Betrieb so schnell und radikal umstellen?»
Weniger Geflügelfleisch und Eier aus der Schweiz
Beat Joos stellte seinen Betrieb vor. Nebst der Viehhaltung haben er und seine Frau Petra Poulet-Mast und Junghennen-Haltung. Mit der Initiative dürfte viel weniger Geflügel pro Stall gehalten werden, was dann unrentabel werde. «Es müssten weitere Ställe gebaut werden, Kulturland ginge verloren», erklärte der Landwirt. Die gesamte Produktion von Geflügelfleisch und Eiern müsste in der Schweiz zurückgefahren werden, warnte Joss. Wenn der Selbstversorgungsgrad sinke, müsse importiert werden, man werde vom Ausland abhängig. Was das bedeuten könne, zeige die gegenwärtige Situation in vielen Bereichen. Deshalb gibt es für Familie Joos nur eines: Ein klares Nein zur MTI am 25. September.
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