«Das Wort Massentierhaltung ist im Kontext zur Schweizer Tierhaltung nicht angebracht», sagte Martin Haab, Präsident des Zürcher Bauernverbands (ZBV), am 23. August 2022 vor den Medien. Zu Gast war man bei Marc Peter, der in Wiesendangen einen Ackerbaubetrieb mit Legehennenhaltung führt. Haab hielt fest: «Alleine die Aussage der Initianten, dass es in der Schweiz Tierhaltungen gibt, welche systematisch das Tierwohl verletzen, ist eine Diffamierung der Bauernfamilien in unserem Land.»
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Tierwohl nicht von Tierzahl abhängig
Marc Peter hat den Stall für 18'000 Legehennen vor sechs Jahren gebaut und sich für die Freilandhaltung entschieden. Die Hühner haben einen gedeckten Aussenklimabereich und Zugang zu Weide. «Eine Annahme der MTI wäre für uns eine existenzielle Katastrophe, wir müssten mit den Hühnern aufhören», sagte Peter. Eine grössere Anzahl kleinerer Ställe macht seiner Meinung nach weder ökonomisch noch ökologisch Sinn. Höchstbestände würden sicherstellen, dass der Tierhalter Zeit habe für eine zuverlässige, tiergerechte Betreuung der Nutztiere.
«Ich laufe nicht schneller durch den Stall, weil ich mehr Tiere habe – das ist ein Trugschluss.»
Marc Peter, Legehennenhalter aus Wiesendangen
Er habe genau dieselbe Einrichtung und dasselbe Platzangebot wie ein Biostall. «Der einzige Unterschied ist die Tierzahl.» Peter stört sich daran, dass die Initiative den Biostandard in die Verfassung schreiben will. «Wir produzieren schon heute diverse Labelprodukte, die von den Konsumenten aber nicht in diesem Mass nachgefragt werden.»
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Markt soll Angebot bestimmen
Mit Marco Schwab kam auch ein Schweineproduzent zu Wort. Schwab hält auf seinem Betrieb in Winterthur 480 Mastschweine nach den Richtlinien von IP-Suisse. Er führte vor den Medienvertretern aus, dass bei den Schweinen die Menge an produziertem Labelfleisch doppelt so hoch ist wie die Nachfrage. «Die Tierhaltung muss durch das Einkaufsverhalten gesteuert werden», so Schwab. Er warnte davor, dass Schweizer Produkte durch Importe und Einkaufstourismus kompensiert würden. «Auf die Tierhaltung im Ausland können wir keinen Einfluss nehmen.»
«Scheinheiliges Mogelpaket»
Babette Sigg, Präsidentin des Schweizer Konsumentenforums, bezeichnete die MTI als scheinheiliges Mogelpaket. Den Initianten gehe es nicht um das Tierwohl, sondern darum, den Konsumenten den Fleischkonsum zu verbieten. «Dazu ist ihnen auch der Umweg über das Tierwohl recht.» Sigg kritisierte, dass die MTI dem Konsumenten die Wahlfreiheit nimmt.
«Der Konsument ist ein ambivalentes Wesen. Er ist für Bio, solange er nicht bewusst die teurere Wahl an der Fleischtheke treffen muss.»
Babette Sigg, Geschäftsführende Präsidentin Schweizer Konsumentenforum
Die MTI hätte zur Konsequenz, dass viele Konsumenten den Weg ins grenznahe Ausland unter die Räder nehmen würden, befürchtet Sigg. «Das kann nicht im Sinne der Initianten sein.»
Aufklärung im Stall
Ein Grossteil der Bevölkerung habe heute wenig Ahnung, wie es in einem Stall wirklich aussehe, stellte ZBV-Geschäftsführer Ferdi Hodel fest. Der ZBV will hier Gegensteuer geben und lädt am 3. September zum Tag der offenen Stalltür auf acht Betriebe ein. Hodel sagte: «Jeder Konsument im Kanton Zürich soll die Möglichkeit haben, einen Eindruck von der Schweizer Tierhaltung zu bekommen und sich von den tatsächlichen Gegebenheiten seine persönliche Meinung zu machen.»
In der Diskussion mit Fachleuten und im Gespräch mit den Bauernfamilien soll den Konsumenten klar gemacht werden, welche Auswirkungen eine Annahme der MTI auf die Zukunft der Betriebe hätte. Ob und wie gut dieses Angebot genutzt wird, lasse sich schwer abschätzen, meinte Hodel. Der ZBV erwartet 3000 bis 4000 Besucher(innen).
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