Bei uns geht der Sommer dem Ende entgegen. Im Januar hatten wir überdurchschnittliche Regenfälle, mehr als 100 Millimeter, das haben wir noch nie erlebt und es hat uns die Bewässerung erspart.
Wasserkontingent für zwei Jahre sicher
Der Stausee ist momentan immer noch zu 96 Prozent voll und somit können wir die nächsten zwei Jahre sicher das volle Wasserkontingent beziehen. Den Wassermaklern geht dann die Rechnung nicht ganz auf, denn der temporäre Wasserhandel wird billig sein.
Die Temperaturen waren sehr durchschnittlich, keine extreme Hitze. Letzte Woche gab es in West-Victoria starken Wind und auch grosse Schäden bei sechs Starkstrom-Leitungsmasten. Hier gibt es noch keine Untergrund-Stromleitungen. Es wird länger dauern, bis diese Reparaturen ausgeführt sind, und Strom muss mit Generatoren ersetzt werden.
Fordernd für die Weizenfarmer
Diese guten Regenfälle erlauben uns, in den Winterweiden nächste Woche das Unkraut zu spritzen und danach mit der Direktsaat der Wintergräser zu beginnen.
«Es wird ja überall nur Direktsaat gemacht.»
Josy Lang über den australischen Ackerbau.
Für die Weizenfarmer ist ein regenreicher Sommer sehr aufwendig, da mit dem Regen das Unkraut wächst. Damit die Bodenfeuchtigkeit nicht aufgebraucht wird, muss sofort das Unkraut tot gespritzt werden. Es wird ja überall nur Direktsaat gemacht. Die Felder müssen kahl sein. Abgebrannt wird in unserer Gegend sehr selten, das ist nicht umweltfreundlich und man will aus den letztjährigen «Stoffeln» Humus werden lassen.
Fast 800 Ballen gepresst
Über die letzten Wochen wurden auch einige Sommerarbeiten erledigt. Bei beiden neuen Heuscheunen mussten noch die Dachrinnen zum Wassertank angeschlossen werden. Hier wird alles Regenwasser aufgefangen und im Wassertank gespeichert. Dachwasser ist von sehr guter Qualität und kann so zum Spritzen von Unkraut oder Ungeziefer sowie in der Milchscheune gebraucht werden.
Das Stroh vom Weizen wurde noch vor Weihnachten gepresst, auf dem Feld aufgestapelt und nun in die Heuscheunen gebracht. 795 grosse Quaderballen sind ausreichend für ca. zwei Jahre als Tiefstreu in den Winterscheunen. Auf der Weizenfarm werden jetzt 35 ha neu zur Bewässerung ausgelegt und dann mit Luzerne bebaut, damit mehr Silo und Heu produziert werden kann. So wird es nächstes Jahr auch weniger Stroh geben.
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Der Markt beschäftigt die Politik
Bei uns gab es jetzt eine Anfrage der Bundesregierung bei den zwei grössten Supermärkten darüber, wie die Preissetzung für landwirtschaftliche Produkte für die Konsumenten gemacht wird. Die Rindfleischpreise waren zum Beispiel letztes Jahr sehr hoch, obwohl für die Landwirte der Schlachtviehpreis um 50 % gefallen ist.
Die Obst- und Gemüsebauern sind auch stark betroffen, da der Zwischenhandel sehr grosse Margen nimmt. Auch die Importe nach Australien bringen grosse Konkurrenz für die Landwirtschaft. Die Verpackung ist manchmal nicht ganz klar und der Supermarkt verkauft oft die Ware am besten, die am meisten Profit bringt.
Nach einer Dokumentarsendung im TV hat der Geschäftsführer des einen Supermarkts die Kündigung eingereicht. Der will sich womöglich frühzeitig davonmachen. In der Milchwirtschaft denkt man, dass der Milchpreis wohl nächstes Jahr etwas tiefer sein wird als jetzt.
Ferienzeit «down under»
Ansonsten haben wir im Augenblick in der Landwirtschaft keine Demonstrationen wie in Europa. Die Gewerkschaften von verschiedenen Berufsgruppen streiken hie und da, das ist nichts Neues. Es wird immer wieder für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne gestreikt. Die Regierung wird den Forderungen vor allem vor den Wahlen zustimmen oder nicht. Die Politiker hoffen ja auf eine Wiederwahl. Während der Sommerferien konnten wir alle abwechslungsweise etwas ausspannen.
Der älteste Sohn fuhr mit dem Auto und der Fähre nach Tasmanien. Das Wetter war leider etwas kühler als zu Hause und sie konnten nicht so oft im Meer schwimmen gehen. Der zweite Sohn fuhr mit der Familie nach Great Ocean Road (drei Stunden von zu Hause weg) und verbrachte dort mit Kollegen seine Ferien. Das Schuljahr hat jetzt wieder begonnen und man ist wieder in der gewohnten Routine. Werner und ich besuchten für kurze Zeit Bekannte in Neuseeland.
Zur Person
1981 wanderten Josy Lang und ihr Mann Werner nach Australien aus. Nach unzähligen Farmbesichtigungen kauften sie mit bescheidenen Finanzen eine 50-Hektaren-Milchfarm mit 90 Milchkühen und Jungvieh in Tatura im Staat Victoria. 1988 kauften sie einen Nachbarsbetrieb und 2005 die zweite Milchfarm. 2015 übergaben sie den Betrieb den zwei ältesten Söhnen. Heute sind es 1700 ha Land und 150 ha Pachtland, die Herde ist auf 2100 Milchkühe und 600 Stück Jungvieh angewachsen. Josy und Werner Lang arbeiten noch immer täglich mit.