«Uns allen ist bewusst, wie viel Sprengkraft dieses Thema hat», sagte Ralph Gilg, Präsident des Thurgauer Obstverbandes, einleitend zur Podiumsdiskussion. Und es wurde dann auch wirklich emotional.
Weniger Pflanzenschutzmittel, weniger Tiere
Franziska Herren vom Initiativkomitee erhob happige Vorwürfe gegen die Bauern: «Pestizide sind auf den Betrieben zur Normalpraxis geworden.» Mit dem Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und dem Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung gefährde die Landwirtschaft die Trinkwasserversorgung und damit die Gesundheit der Bevölkerung. Und sie legte noch einen oben drauf: «Bevor diese Wirkstoffe ins Grundwasser gelangen, hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung. Insektensterben und eine Abnahme der Biodiversität sind die Folge.»
Auf die Frage von Moderator Richard Hollenstein, welche Landwirtschaft in ihren Augen denn die richtige sei, antwortete Herren vage: «Eine Landwirtschaft ohne Pestizideinsatz, eine mit viel weniger Tierbesatz.» Die Bauern müssten den Konsumenten zuhören und ihre Anliegen ernst nehmen.
«Verfänglich und falsch»
Urs Schneider, Stv. Direktor SBV, konterte: «Was machen wir, wenn wir die Produktion so wie es die Initiative fordert, zurücknehmen? Importieren wir dann diese Produkte einfach? Kommt es besser, wenn wir alles importieren?»
Er bezeichnete die Initiative als verfänglich. «Es heisst Trinkwasserinitiative, aber wir diskutieren hier über Fleischkonsum und Ressourcennutzung.» In seinen Augen hat die Initiative «einen völlig falschen und isolierten Ansatz, der einer gesamtheitlichen Betrachtung nicht standhält».
Unbefriedigende Alternativen
Unter den Podiumsteilnehmern war auch Obstbauer Thomas Lehner. «Ich denke, jeder hier im Saal hat sich schon überlegt, welche Alternativen es im Pflanzenschutz gibt. Es ist ja nicht so, dass ich ein dringendes Bedürfnis habe, Pflanzenschutzmittel einzusetzen», bekräftigte er.
2018 habe auch er nicht viel spritzen müssen. Aber es gebe eben sehr unterschiedliche Jahre. «Wenn ihr einfach auf Zufall produzieren müsst, wenn ihr nicht eingreifen könnt und zuschauen müsst, wie die Ernte auf den Bäumen verfault, dann verliere ich den Spass am Produzieren», wandte er sich an Franziska Herren.
Er wäre sofort bereit, einen Roboter anzuschaffen, um auf Herbizide in den Obstanlagen zu verzichten. «Tatsache ist aber: Im Moment gibt es noch keinen solchen Roboter.»
Das Thema offensiv angehen
Die Podiumsdiskussion und die vorangegangen Referate von Marc Wermelinger, Swisscofel, und Jimmy Mariéthoz, Schweizerischer Obstverband, zeigten, dass man sich in der Branche sehr wohl bewusst ist, dass man die Hausaufgaben machen muss. Die Aktionspläne sind konsequent und rasch umzusetzen.
Vor allem aber ist es wichtig, dass die Landwirtschaft den Lead übernimmt und die Diskussion proaktiv angeht. Markus Hausammann, Nationalrat und Präsident des Verbandes Thurgauer Landwirtschaft, formulierte es so: «Wir müssen die Bevölkerung von unseren Produkten überzeugen und dafür sorgen, dass solche Initiativen nicht auf fruchtbaren Boden fallen.»
Stefanie Giger