Beim Thema Pflanzenschutzmittel (PSM) gehen die Emotionen hoch. Die Debatte darüber dürfte in den nächsten Monaten im Hinblick auf die Abstimmungen über die Pflanzenschutz-Initiativen nur noch heftiger werden. Eine Biobäuerin, eine Bio-Meisterlandwirtin und zwei pensionierte Bioberater haben genug von «vereinfachenden, reduzierenden oder irreführende Aussagen».

Isabelle Gabioud, Sylvie Bonvin-Sansonnens, Maurice Clerc und Josy Taramarcaz haben sich deshalb zusammengetan, um ein «umfassendes und genaues Informationstool» anzubieten. Dieses ist in Form eines 40-seitigen PDF-Dokuments auf der Website www.umstrittene-pestizide.ch verfügbar.

«Verkürzte Argumente»

Es enthält die häufigsten Aussagen über PSM, die die Autoren in der Presse gefunden, in Debatten oder von Landwirten gehört haben. Jede der Aussagen wird mit einer Einschätzung wie «wahr», «falsch», «teilweise wahr», «teilweise falsch», «vereinfachte Behauptung» usw.kommentiert. Es folgen Erklärungen und wissenschaftliche oder technische Hinweise (in Form von zahlreichen Links). Alle Texte sind in Deutsch und Französisch verfügbar.

Landwirte in der Loyalitäts-Falle

«Einige Landwirte stehen unter dem Druck, loyal zu ihren Organisationen zu sein und deren Positionen zu propagieren. Dies kann ein Hindernis für eine gesunde Meinungsbildung sein», sagte Maurice Clerc am Montag an einer Online-Pressekonferenz. Bauernpolitiker(innen) würden zu viele verkürzte Argumente verwenden, um im Abstimmungskampf zu punkten, sind sich die vier einig. Es komme ihnen nicht darauf an, ob Landwirte oder Bürger(innen) für oder gegen die Pflanzenschutz-Initiativen seien, «unser Wunsch ist, dass sie zumindest informiert abstimmen».

 

Beispiel Kupfer

«Eine der Behauptungen der Befürworter synthetischer Pestizide ist, dass Biobauern Kupfer verwenden, das wegen seiner Anreicherung im Boden gefährlicher für die Umwelt ist», sagte Josy Taramarcaz an der Online-Pressekonferenz. Er zeigte an dem Beispiel, wie die Website «Umstrittene Pesti­zide» aufgebaut ist.

Ja, obige Aussage sei richtig. Die Kupferproblematik betreffe aber vor allem den Weinbau und sei ein Problem der Vergangenheit. Die grossen Mengen, die in bestimmten Rebböden gefunden werden, seien hauptsächlich auf übermässige Dosen aus den 1880er- bis etwa 1950er-Jahren zurückzu-führen.

Ausserdem würden rund 93 Prozent des in der Schweiz verwendeten Kupfers bei konventionellen Kulturen ausgebracht, konterte der pensionierte Bio­berater die Kritik am Biolandbau.

 

Unabhängig von Komitees

Auf die Fragen nach ihrer Unabhängigkeit und warum keine konventionellen Bauern an Bord seien, halten sie fest: «Unsere Arbeitsgruppe ist unabhängig von den Gremien der beiden Initiativen, über die im Juni 2021 abgestimmt wird. Unsere Arbeit ist vollständig ehrenamtlich und wird nicht durch externe Mittel gefördert.» In der Argumentation würden sie für keine der ­beiden Initiativen werben, manchmal aber die Pestizidverbots-Initiative zitieren, «wenn es darum geht, Erklärungen abzugeben».

Sympathien für Pestizidverbots-Initiative

Auf die Frage, wie sie selbst abstimmen werden, liessen sich Maurice Clerc und Josy Taramarcaz in die Karten blicken. Sie lehnen die Trinkwasser-Initiative ab, legen bei der Pestizidverbots-Initiative aber ein Ja in die Urne. Die beiden Frauen waren zurückhaltender.

Supportgruppe aufbauen

Die vier Freunde planen in nächster Zeit den Aufbau einer Supportgruppe mit Fokus auf die Deutschschweiz. Zurzeit besteht diese aus dem pensionierten Bioberater Franz Steiner aus Einsiedeln SZ. Auch konventionelle Kollegen und Kolleginnen seien willkommen.