Vier Tage nach der Abstimmung haben die kantonalen Landwirtschaftsdirektoren «mit Befriedigung vom Ausgang der eidgenössischen Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 über die beiden Volksinitiativen für sauberes Trinkwasser und für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide Kenntnis genommen», wie sie in einer Medienmitteilung schreiben.

Eigennutz vor Teamwork

Mit Erleichterung und neuem Elan werden sich die kantonalen Landwirtschaftsdirektoren für die Fortführung der Anstrengungen der Kantone zur Verbesserung der Qualität der ober- und unterirdischen Gewässer und zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in der Landwirtschaft einsetzen. Genauso wie für die Umsetzung des Aktionsplanes Pflanzenschutz des Bundesrates.

Natürlich stehen die Landwirte und ihr Umgang mit Pflanzenschutzmitteln im Fokus. Doch eigentlich sind diese Mittel amtlich zugelassen. Warum gab es dann im Abstimmungskampf eine ganze Reihe von öffentlichen Verwaltungsstellen, die sich offen für die Initiativen engagierten? Einzelne dieser Stellen sind sogar am Zulassungsverfahren beteiligt. Wer sich die Mühe macht, etwas genauer hinzuschauen, findet eine ganze Reihe weiterer Baustellen. Da gibt es unterschiedliche Massstäbe, nicht gelebte Aufgabenteilung, Eigennutz vor Teamwork, verdeckte Agenden, eigenartige Auffassungen von wissenschaftlichen Standards, bedächtige Umsetzung gesetzlicher Aufträge oder auch schlicht Auftragsverweigerung.

In den kommenden Jahren müssen die «Handwerker» auf diesen Baustellen genau beobachtet und auf Kurs gebracht werden. Nach der Neuorganisation des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel, gilt es, den Einsatz von Pestiziden in den nicht landwirtschaftlichen und privaten Bereichen weiter einzuschränken und die vom Parlament beschlossene Offenlegungspflicht auch für Biozide und nicht landwirtschaftliche Anwender rasch umzusetzen, selbst wenn gewisse Ämter deshalb jetzt schon wieder kalte Füsse bekommen.

Agroscope muss Resultate liefern

Das Nährstoffmanagement der Schweizer Landwirtschaft beobachten die kantonalen Landwirtschaftsdirektoren genau. Angefangen von der Kontrolle der einzelbetrieblichen Nährstoffbilanzen bis zur Umsetzung von Projekten zur Reduktion der Nitratbelastung des Grundwassers und der Phosphorbelastung von Oberflächengewässer. Die neue Versuchsstation von Agroscope in Sursee soll Antworten zur Verbesserung des Hofdünger-Managements und zur Reduktion von Nährstoffverlusten liefern. Nicht nur die Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK) wartet zunehmend ungeduldig auf handfeste Resultate von Agroscope, die ein ehemaliger Bundesrat als weltweit führende Forschungsinstitution im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung positionieren wollte. Das erinnert sehr an den Spruch der besten Armee der Welt. Dieser wurde auch nie wahr.

Die LDK setzt auch grosse Erwartungen in die technische Aufbereitung der Hofdünger. Ziel ist die Erweiterung des Einsatzspektrums von Nährstoffen aus Hofdüngern. Damit liessen sich regionale Verteilprobleme entschärfen und die Importe von Kunstdünger reduzieren. Ein zweiter Hebel ist die Förderung des Eiweissfutters aus einheimischem Anbau auf Kosten der Importe.

Die Initiativen wurden zwar deutlich abgelehnt. Vermutlich waren sie das falsche Mittel für real existierende Probleme. Jedes einzelne davon verdient es, aufgelöst und ausgeräumt zu werden. Denn sauberes Trinkwasser wollen wir tatsächlich alle, selbst unser Vieh.