«Das Wasser in der Schweiz ist sauber, so soll es auch bleiben», sagte Bundespräsident Guy Parmelin anlässlich der Präsentation des sogenannten Massnahmenplans Sauberes Wasser vom Mittwochnachmittag.
Inoffizieller Gegenvorschlag zu den Initiativen
Das Paket ist Ausfluss der Parlamentarischen Initiative (PI) 19.475 «Die Risiken beim Einsatz von Pestizideln reduzieren», die kürzlich von beiden Kammern des Parlaments gutgeheissen worden ist. Sie stellt eine Art inoffiziellen Gegenvorschlag zu den beiden Pflanzenschutz-Initiativen dar, die am 13. Juni zur Abstimmung kommen.
Die PI umfasst Änderungen am Landwirtschafts-, am Gewässerschutz- und am Chemikaliengesetz. Die am Mittwoch in die Vernehmlassung gegebenen Verordnungsanpassungen betreffen die Änderungen im Landwirtschaftsgesetz. Die übrigen Anpassungen folgen in einem zweiten Paket. Die Vernehmlassung dauert bis zum 18. August diesen Jahres.
Mit der PI wolle der Bundesrat ganz gemäss den Anpassungen des Parlaments nicht nur das Risiko des PSM-Einsatzes bis 2027 halbieren, sondern auch die Nährstoffbelastung der Böden und Gewässer vermindern, sagte Parmelin vor den Medien. Ziel sei es, die Stickstoff- und Phosphorverluste bis 2030 um 20 Prozent zu reduzieren, heisst es in der Medienmitteilung des Bundesrats. Damit geht er einen Schritt weiter als die PI, die nur von einer angemessenen Reduktion spricht.
Geld für alte Kühe und ein neues GMF
Die Massnahmen betreffen in erster Linie die Direktzahlungsverordnung. Hier die Punkte im Einzelnen.
Ökologischer Leistungsnachweis (ÖLN):
- Mindestanteil Biodiversitätsförderfläche auf Ackerfläche: Auf den Ackerflächen eines Betriebs müssen auf mindestens 3,5% der Fläche spezifische Biodiversitätsförderflächen angelegt werden.
- PSM: Der Einsatz von Wirkstoffen mit erhöhten Risikopotenzialen wird eingeschränkt. Ausserdem müssen die Bewirtschafter(innen) Massnahmen zur Reduktion der Abdrift und der Abschwemmung umsetzen.
- Nährstoffbilanz (Suisse Bilanz): Die bisherigen Fehlerbereiche von +10 Prozent bei Stickstoff und Phosphor werden aufgehoben.
Produktionssystembeiträge:
- Die funktionale Biodiversität wird mit dem Anlegen von Nützlingsstreifen auf der offenen Ackerfläche und in Dauerkulturen gefördert.
- Mit dem neuen Programm, das die Rohproteinzufuhr für raufutterverzehrende Nutztiere auf dem Betrieb begrenzt, wird das bisherige Programm Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) abgelöst.
- Die Tierwohlprogramme BTS und RAUS werden weitgehend unverändert fortgeführt. Bei den Rindviehkategorien wird die verstärkte Weidehaltung mit Weidebeiträgen, die höher sind als die bestehenden RAUS-Beiträge, unterstützt.
- Mit finanziellen Anreizen für die längere Nutzungsdauer von Kühen sollen die Methanemissionen reduziert werden.
Ressourceneffizienzbeiträge:
- Die finanzielle Unterstützung für den Kauf von Geräten zur präzisen Applikationstechnik beim Pflanzenschutzmitteleinsatz wird um zwei Jahre bis Ende 2024 fortgeführt.
- Die Förderung der stickstoffreduzierten Phasenfütterung von Schweinen wird um vier Jahre verlängert. Die Anforderungen werden jedoch neu differenziert nach Tierkategorien festgelegt.
Begrenzung der Direktzahlungen je Standardarbeitskraft (SAK):
- Die Begrenzung wird ersatzlos aufgehoben.
Begrenzung der Beiträge für die Qualitätsstufe I Biodiversität:
- Die Begrenzung wird ersatzlos aufgehoben.
«Konkrete umsetzbare Massnahmen»
«Wir streben eine Landwirtschaft an, die an die lokalen Verhältnisse angepasst produziert», sagte Parmelin. Die beiden Initiativen seien aber zu extrem, um diese Ziele zu erreichen. Die heute vorgestellten Massnahmen seien hingegen angepasst an die Möglichkeiten und konkret, sagte Parmelin.
Es handle sich um ein Massnahmenset, das intensiv begleitet werde mit effektiven Kontrollmechanismen, sagte BLW-Direktor Christian Hofer auf die entsprechende Frage einer Journalistin.
Parmelin betonte, dass es sich hier um Massnahmen handle, die auch bei einem doppelten Nein am 13. Juni umgesetzt würden. Er erinnerte auch an den bereits 2017 in Kraft gesetzten Aktionsplan PSM, wo man bereits starke Auswirkungen spüre gegenüber dem vorausgehenden PSM-Einsatz. Demgegenüber riskiere man bei einem Ja zur Trinkwasser-Initiative, dass viele intensive Betriebe aus den Direktzahlungen aussteigen würden, so dass für sie gar keine Wirkung entstehe.
SBV: «Überaus ambitiös»,
SMP: «AP kommt auch ohne AP»
Der Schweizer Bauernverband reagierte wie üblich zum Vernehmlassungsauftakt mit einer neutralen Mitteilung. Man werde den Vorschlag prüfen und sich in die VernehmIassung einbringen, heisst es darin. Und weiter: «Was sicher ist: Die Ziele sind überaus ambitiös und bedingen auch eine intensive Unterstützung durch die Forschung».
Ausführlicher äusserten sich die Schweizer Milchproduzenten (SMP). In ihrer Mitteilung bilanzieren sie, dass mit dem Massnahmenplan praktisch alle Anliegen der AP 22+ zur Förderung der Nachhaltigkeit in der Schweizer Landwirtschaft aufgenommen würden. Gleichzeitig sei damit sehr schnell ein faktischer Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative und zur Pestizidverbots-Initiative entstanden.
Die eingeschlagene Richtung bei den Produktionssystembeiträgen sei im Grundsatz richtig. Die SMP setzten sich gerne für noch mehr Tierwohl und die Verminderung von Emissionen ein. Die Umsetzung müsse aber machbar sein und die investitionsintensive Arbeit der Milchproduzenten berücksichtigen. Änderungen in der Milchproduktion brauchten Zeit, damit Investitionen amortisiert und entsprechend geplant werden können, heisst es in der Mitteilung. Grundsätzlich sei die Schweizer Milchproduktion mit einem Inland-Futteranteil von 92% gut aufgestellt. Auch den SMP sei eine eine praxisorientierte Unterstützung durch die Forschung wichtig.
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