In der Kampagne gegen die Agrar-Initiativen setzt das Komitee für ein doppeltes Nein zurzeit verstärkt auf einen bisher etwas vernachlässigten Aspekt mit Fokus auf die Trinkwasser-Initiative (TWI): Mit der in der Frühlingssession verabschiedeten Parlamentarischen Initiative des Ständerats (PI) mit Absenkpfaden für Pflanzenschutzmittel (PSM) und Nährstoffe liege ein griffiges Gesetz vor. Dieser (inoffizielle) Gegenvorschlag erübrige eine Verfassungsänderung via TWI. Derweil kritisieren die TWI-Befürworter die PI als zahnlos.
Schnellere Umsetzung
In einem Papier das der BauernZeitung vorliegt, hat der Schweizer Bauernverband (SBV) die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten von TWI und PI herausgearbeitet. Wir fassen diese hier kurz zusammen:
Gesetzliche Grundlage: Die TWI will den Landwirtschaftsartikel 104 a anpassen. Die nötigen Gesetzesänderungen würden aufgrund einer Annahme der TWI an die Hand genommen.
Die PI setzt direkt auf Gesetzesebene an. Es sind Änderungen am Landwirtschaftsgesetz, am Gewässerschutzgesetz sowie am Chemikaliengesetz vorgesehen.
Umsetzung und Fristen: Für die Umsetzung der TWI stünde nach einer Annahme eine achtjährige Übergangsfrist zur Verfügung. Mit einer Umsetzung ist also bis etwa 2029 zu rechnen.
Die PI kommt voraussichtlich bereits Ende April in die Vernehmlassung. Diese dauert von April bis August 2021, die Umsetzung erfolgt gemäss diesem Fahrplan per 2023.
Auswirkungen bezüglich Nährstoffeinsatz im Landwirtschaftsgesetz: Gemäss dem SBV-Papier hätte die TWI in Bezug auf den Nährstoffeinsatz und die Nährstoffverluste innerhalb der Landwirtschaft und somit z. B. auf den Nitratgehalt im Grundwasser keinerlei Einfluss. Dies einerseits, weil sie keine entsprechenden Änderungen im ÖLN vorsieht, aber auch weil laut Agroscope zwischen 33 und 63 % aller Veredelungsbetriebe (Eier, Geflügel und Schweine) bei einer Annahme der TWI auf Direktzahlungen verzichten würden.
Als deutlich effektiver wird der Absenkpfad Nährstoffe in der PI beschrieben: «Er führt durch seine Verbindlichkeit für die gesamte Landwirtschaft, die konsequenten Ausrichtung auf die Reduktion der Nährstoffverluste und die beschlossene Transparenz zu einer deutlichen Verbesserung in Bezug auf Gewässerschutz und Umwelt.»
Auswirkungen beim PSM-Einsatz im Landwirtschaftsgesetz: Was die Wirkung in Sachen Pflanzenschutzmittel angeht, hat die TWI keine Wirkung auf den Bereich PSM ausserhalb der Landwirtschaft (öffentliche Hand, Gewerbe, Private, usw.).
Mit der PI müssen die Risiken für die Bereiche Oberflächengewässer und naturnahe Lebensräume sowie die Belastung im Grundwasser bis 2027 im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2012-2015 um 50 Prozent vermindert werden. Die Ausgangswerte werden aktuell von Agroscope berechnet. In Bezug auf den PSM-Einsatz (sämtliche Anwendungen in- und ausserhalb der Landwirtschaft) herrsche mit der PI künftig 100 % Transparenz, so der SBV.
Mehr Breitenwirkung
Auswirkungen im Gewässerschutzgesetz: Die Wirkung ist auf die Landwirtschaft beschränkt, und greift auch hier nur teilweise, da laut Agroscope zwischen 51 und 93 % aller Spezialkulturbetriebe künftig auf Direktzahlungen verzichten würden. «Unter dem Strich hat die TWI in Bezug auf die Trinkwasserqualität im Zusammenhang mit Pestiziden einen sehr geringen, im schlechtesten Fall, wenn viele Betriebe aus dem ÖLN aussteigen, sogar einen negativen Einfluss», so der SBV.
Bei der PI sieht es laut SBV anders aus: Insgesamt habe der Absenkpfad des Parlaments auf den Gewässerschutz (Oberflächen- und Grundwasser) grossen Einfluss, der weit über die Landwirtschaft hinausgreift. Da keine Freiwilligkeit besteht, werden alle Anwendungen von PSM und Bioziden erfasst.
Auswirkungen im Chemikaliengesetz: Die TWI hat laut dem SBV auf sämtliche Anwendungen von Bioziden, Pestiziden und Chemikalien ausserhalb der Landwirtschaft keinerlei Wirkung.
Die PI führt derweil laut SBV dazu, dass in diesem Bereich eine Gesetzeslücke geschlossen wird. Der überwiegende Teil der Biozide werde heute ausserhalb der Landwirtschaft eingesetzt. Stand heute gebe es keine Übersicht, wer wo viele dieser Produkte einsetzt und warum. Die PI führe dazu, dass diese Datenlücke geschlossen wird, da künftig sämtlicheberuflichen und gewerblichen Anwendungen analog den PSM-Anwendungen in einer zentralen Datenbank des Bundes erfasst werden müssten.
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