Im Umfeld der Trinkwasser-Initianten hat eine eigens für den Abstimmungskampf gegründete Organisation von Wasserfachleuten in den letzten Monaten stark Stimmung gemacht. 4aqua ist ein Zusammenschluss von teilweise selbst ernannten Spezialisten in Sachen Trinkwasser. Diese hat unter anderem mit grossen Inseraten in der Tagespresse auf sich aufmerksam gemacht.
Rund 200 Unterzeichner
«Wasserfachleute sprechen Klartext», lautet der Titel des Inserats. Es brauche dringend ein Ja zur Trinkwasser-Initiative (TWI) am 13. Juni, so das Plädoyer. Darunter die altbekannten Vorwürfe, dass mit Steuergeldern eine Landwirtschaft gefördert werde, die ihre Umweltziele verfehle und dass über eine Million Menschen Wasser tränken, das den Grenzwert für Pestizide bis zu 30-fach überschreitet. Zudem sorgten die Nitratüberschüsse für ein erhöhtes Darmkrebs-Risiko.
Diese Inserate waren jeweils von rund 200 Personen unterzeichnet. Wie sich nun zeigt, waren die Unterzeichner nicht alle im Bild über ihre Präsenz in der Abstimmungspropaganda. Der pensionierte Wasserfachmann Francis Berdat war nicht informiert und hat die Organisation mit einem geharnischten Schreiben über seinen sofortigen Austritt aus «4qua» informiert.
Kein Einverständnis gegeben
Das Schreiben von Francis Berdat liegt der BauernZeitung vor und hält unter anderem Folgendes fest:
Er habe kein Einverständnis gegeben, im Inserat zu erscheinen und und hätte dies «in Kenntnis von unsachlichen und verzerrten Inhalten des Inserates auch nicht getan», so Berdat.
Unzutreffend sei unter anderem die Behauptung, dass die Belastungen des Trinkwassers bereits so hoch seien, dass es Jahrzehnte dauern werde, bis sie wieder «verschwinden».
Berdat stört sich auch daran, dass im Inserat unerwähnt bleibt, dass der Grenzwert von Chlorothalonil vorsorglich und nicht toxikologisch hergeleitet um das 100-fache herabgesetzt wurde. «Dieser Wert entspricht einer Konzentration von 1/2 Gramm in einem Olympiaschwimmbecken», so Berdat.
«Nitratwerte nicht von Güllemenge abhängig»
Erhöhte Nitratwerte seien zudem nicht zur Hauptsache von der Güllenmenge abhängig, sondern von der Bodenbewirtschaftung. «So gibt es in den Gebieten mit vorherrschender Gras- oder Weidewirtschaft praktisch nur 1-stellige Nitratkonzentrationen», schreibt Berdat. Auch wo Acker- und Gemüsebau betrieben werden, gebe es im Kanton Bern seit mehreren Jahren keine öffentliche Wasserversorgung mehr, die den Höchstwert von 40 mg/l überschreitet.
Abschliessend hält Berdat Folgendes fest: «Der erste Satz im Inserat lautet: «Wir Wasserfachleute sind in grosser Sorge». Diese teile ich nicht. Meine Sorge gilt dem bedenklichen Niveau der Auseinandersetzung mit unsern Bauern».
Auf Nachfrage erklärt er, es gebe bei «4aqua» weitere Fachleute, die mit der TWI nichts anfangen könnten, er will aber keine Namen nennen.
«4aqua» leicht zerknirscht
Bei «4aqua» gibt man sich leicht zerknirscht. Man habe seines Wissens alle Unterzeichner(innen) vorgängig angefragt, ob sie einverstanden seien mit ihrer Präsenz im Inserat, sagt Peter Hunziker, der als Mitglied der vierköpfigen «Kerngruppe» von «4aqua» fungiert. Sollten das nicht bei allen geklappt haben, tue ihm das leid, so der Geschäftsführer der Firma Hunziker Betatech. Einige Angefragte hätten sich aktiv abgemeldet vom Inserat.